Schlacht auf dem Weißen Berg in Prag - Evangelisches Museum OÖ Rutzenmoos

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Schlacht auf dem Weißen Berg in Prag

Geschichte der Evangelischen in OÖ

Schlacht auf dem Weißen Berg bei Prag
(8. November 1620)

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Vor 390 Jahren fiel eine der wichtigsten Entscheidungen in der Geschichte des österreichischen Protestantismus – und sie fiel auf einem Schlachtfeld in Böhmen! Dort besiegten die Truppen der katholischen Liga, des Kaisers Ferdinand II und des bayrischen Herzogs Maximilian, das Heer der aufständischen protestantischen Böhmen und Oberösterreicher.

Die Schlacht auf dem Weißen Berg entschied, dass Böhmen, Ober- und Niederösterreich wieder katholische Länder werden mussten, in denen Evangelische bis zum Toleranzpatent 1781 nicht geduldet wurden – und das, obwohl 1620 die große Mehrheit der Bevölkerung dieser Länder evangelisch war.

Vorausgegangen war ein jahrzehntelanges Ringen um politische Macht, religiöse Freiheit und letztlich um die Staatsform in Österreich und Böhmen.

Seit Beginn der Reformation bekämpften die habsburgischen Herrscher den evangelischen Glauben eines Großteils ihrer Untertanen – lange Zeit mit wenig Erfolg. Mit Standfestigkeit und zäher Diplomatie trotzen die mehrheitlich evangelischen Vertreter der Landstände den Landesfürsten Zugeständnisse ab. 1609 gewährte der spätere Kaiser Matthias den Ständen die Freiheit des Glaubens gemäß dem Augsburger Bekenntnis. Gleichzeitig förderte Matthias aber die Aktivitäten der Jesuiten und anderer katholischer Orden, während die Evangelischen laufend Missachtungen ihrer Rechte einklagen mussten. 1618 bestimmte Matthias seinen Neffen Ferdinand, der als kompromissloser Katholik bekannt war, zum Nachfolger im Königreich Böhmen. Da sich Ferdinand weigerte, die Rechte der böhmischen Stände anzuerkennen, kam es zu offenem Widerstand („Prager Fenstersturz“).

Nach dem Tod des Kaisers Matthias im März 1619 spitzte sich die Lage weiter zu. Auch die ober- und niederösterreichischen Stände verweigerten Ferdinand die Anerkennung, solange er nicht bereit war, die religiösen Freiheiten zu respektieren. Noch im Mai 1619 bemühte sich der Sprecher der Oberösterreicher, Georg Erasmus Tschernembl, Erzherzog Ferdinand zum Umdenken zu bewegen. (Tschernembls Schrift „Räthliches Bedenken“ (gedruckt 1619), in der er Ferdinand zu einer friedlichen Einigung mit den Untertanen drängte, gehört zu den Schätzen unseres Museums.)

Ferdinands Unnachgiebigkeit hatte neben dem religiösen auch einen politischen Grund: Ferdinand war Anhänger eines fürstlichen Absolutismus, während Tschernembl davon überzeugt war, dass ein Staatswesen nur durch gute Zusammenarbeit der Stände mit dem Fürsten funktionieren könne.

Im Juli 1619 spitzte sich die Lage zu. Am 31. Juli schlossen die Stände Böhmens und Oberösterreichs ein Bündnis gegen Ferdinand, die „böhmische Konföderation“ (die Originalurkunde – später angeblich vom Kaiser persönlich zerschnitten – wird bei der Landesausstellung in Schloss Parz zu sehen sein). Im August 1619 wurde Ferdinand als König von Böhmen abgesetzt und an seiner Stelle der evangelische Kurfürst Friedrich V von der Pfalz gewählt. Zu selben Zeit aber wurde Ferdinand in Frankfurt zum Kaiser gewählt. Damit war ein Krieg fast unausweichlich.

Verhängnisvoll für die Evangelischen in Böhmen und Österreich wurde die Entscheidung der evangelischen Fürsten Europas („Union“), die am 3. Juli 1620 ihre Neutralität in der böhmischen Krise beschlossen - und damit die Evangelischen in den habsburgischen Ländern im Stich ließen. Nur drei Wochen später besetzten die Truppen Maximilians von Bayern Oberösterreich. Der Herzog zwang die anwesenden Ständevertreter (viele führende Evangelische, darunter Tschernembl, hielten sich gerade in Niederösterreich oder Böhmen auf), ihn als interimistischen Landesherrn anzuerkennen und setzte Adam von Herberstorff als Statthalter ein. Damit war für die bayrischen Truppen unter Führung des Grafen Tilly der Weg nach Böhmen frei, wo dann am 8. November die Entscheidung fiel.

Die Folgen der Schlacht auf dem Weißen Berg waren aus evangelischer Sicht katastrophal. Noch 1620 wurden die Anführer der Evangelischen vor Gericht gestellt. Einige wurden hingerichtet, anderen, darunter dem „Winterkönig“ Friedrich von der Pfalz und Tschernembl gelang die Flucht ins Ausland. Die verbliebenen Adeligen wurden vor die Wahl gestellt, katholisch zu werden oder auszuwandern. Viele entschlossen sich zur Auswanderung. 1624 wurden alle evangelischen Prediger und Lehrer des Landes verwiesen und evangelische Einrichtungen geschlossen. Der Bauernaufstand 1626 bildete den letzten Versuch, die gewaltsame Rekatholisierung Oberösterreichs zu stoppen. Dennoch dauerte es Jahrzehnte bis das Land zumindest äußerlich rein katholisch war. Dass der Protestantismus im Untergrund weiterlebte, ist eine andere Geschichte.

Gleichzeitig war mit diesen Ereignissen die Macht der Stände im Land gebrochen. Stadträte und Landtag wurden zu reinen Befehlsempfängern degradiert. Adelige strebten danach, als Günstlinge am Kaiserhof Karriere zu machen. Die katholische Kirche erlebte dank kaiserlicher Unterstützung einen gewaltigen Aufschwung, dessen bis heute sichtbares Ergebnis die vielen Klöster am Rand der Städte und die Barockisierung der alten Kirchen und Stifte sind.

Günter Merz

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